Katy Black
Ich wurde am 11.01.1832 in Mecklenburg als 2. Kind geboren. Mein Vater war Dorfpfarrer. Nach dem Tod meiner Mutter war er sehr dem Alkohol angetan. Er war der Meinung, dass die Plicht eines Mädchens darin besteht zu heiraten und Kinder zu bekommen. Zu meinem Glück durfte ich trotzdem die Dorfschule besuchen, da ja kein Mann eine dumme Frau haben möchte. An meinem 17. Geburtstag stand mein Vater mit einer Annonce vor mir.
Darin war geschrieben: „Pfarrer (Henry Crove) aus Amerika sucht heiratsfähiges Mädchen aus Deutschland“!
Und genau so sollte mein Leben laut meinem Vater aussehen. Er hatte sich natürlich schon darauf gemeldet und wartete nur noch auf den Fahrschein für das Schiff. Ich wurde nicht gefragt. Meine Meinung war nicht relevant. So sah ich mein für mich geplantes Leben den Bach hinunter gehen. Ich wollte mich aber mit diesem nicht zu frieden geben und es auch nicht einfach so hinnehmen. Und dann sah ich aus einer unschönen Situation einen Lichtblick, meine vielleicht einzige Möglichkeit diesem für mich geplantem Leben zu entfliehen. Am 27.Oktober 1850 ging es dann los. Ich fuhr mit dem Schiff „Itzstein & Welcker“ von Bremerhaven nach New Orleans. Auf dem Weg lernte ich einen jungen Mann in meinem Alter kennen. Dieser verstarb an den Folgen einer Lungenentzündung auf der Überfahrt. Und dies war meine Chance. Ich nahm mir seine Sachen, schnitt mir die Haare ab und schon war ich nicht mehr Katy Brunner sondern Paul Meyer. In New Orleans angekommen hielt ich mich mit vielen Gelegenheitsjobs über Wasser. Nie lange an einem Ort, da es gar nicht so leicht war, meine wahre Identität versteckt zu halten. 1860 landete ich schließlich in Texas auf einer, für die damaligen Verhältnisse, großen Ranch mit Pferdezucht. Diese wurden an die Armee verkauft. Und genau da endete auch mein Versteckspiel. Es dauerte zwar eine Weile, aber dann bin ich aufgeflogen. Ich flehte um bleiben zu dürfen und da ich immer gute Arbeit leistete gestattete man es mir. Als Frau war es für mich jetzt viel schwerer in dieser Männerdomäne, aber ich setzte mich durch. Ende 1863 ging wieder eine Herde an die Konföderierten – Armee im Tausch gegen einen alten Armeewagen. Ein Trupp Soldaten holten sie ab. So lernte ich meinen jetzigen Ehemann Gus Black kennen. 1864 heirateten wir. Als 1865 der Bürgerkrieg endlich vorbei war, kauften wir uns ein Stück Land und bauten eine kleine Farm auf. In dem gleichen Jahr kam auch unser Sohn Kenny zur Welt. 1866 trieb mein Mann, mit noch 17 weiteren Cowboys, für Charles Goodnight 2000 Rinder von Texas nach Fort Sumner. Für diesen Treck hatte Goodnight den wahrscheinlich ersten Chuckwagon (Küchenwagen) bauen lassen. Er ließ diesen getauschten alten Armeewagen mit dem zähesten Holz – dem Bois d’arc, aus dem die Indianer auch ihre Bögen herstellten, umkonstruieren. Der hintere Teil des Wagens bestand aus mehreren Fächern mit einem Klappbrett, so dass es der Koch als Arbeitstisch benutzen konnte. Als mein Mann nach mehreren Monaten wieder heimkehrte, war er nicht allein. Er hatte ein Mädchen bei sich, das ziemlich abgemagert war und unsere Sprache nicht verstand. Ihr Name ist Tenya-Psito- kostbare Perle. Bis sie unsere Sprache erlernt hatte, verständigten wir uns mit Zeichen und Gesten. Fortan lebte sie mit auf unserer Farm, wie unsere eigene Tochter.